


Die zwei spätgotischen Glocken schmückt das bereits in der Romanik gängige Motiv der Kreuzigungsgruppe – Kreuzreliquien waren im Mittelalter häufig Gegenstände von Wallfahrten. Offen bleibt, ob der Kößlarner Marien-Wallfahrt eventuell eine zu Kreuzreliquien vorausging.
Eine der Glocken von 1950 zeigt dagegen ein gängiges modernes Motiv: den 1894 in Altötting gestorbenen Kapuziner-Laienbruders Konrad von Parzham. 1934 heiliggesprochen, erlangte Bruder Konrad große überregionale Popularität und ist heute in Teilen katholischer Kreise ein sehr beliebter Heiliger.
Weitaus mehr als es Uhren taten, strukturierten für Jahrhunderte kirchliches und weltliches Geläut in ihrem jeweiligen regionalen Umfeld den Alltag in der Neuzeit.
Im Glockenstuhl eines Kirchturms hängen Glocken verschiedener Größe, mit unterschiedlichen Schlagtönen.
Zum anderen haben die (Zusammen)Klänge religiöse Bedeutungen.
Grob unterteilen sich diese Geläute in
Welches Geläut bei einer Gemeinde genau zum Einsatz kommt, ist in Läuteordnungen von Kirchengemeinden festgelegt.
Die vom 15. bis ins 16. Jahrhundert erbaute katholische Wallfahrtskirche Hl. Dreifaltigkeit in Kößlarn (Landkreis Passau) hat ein Geläut aus fünf Glocken, zwei davon gotisch. Läutplan und Geläut aus Kößlarn machen hörbar, wie mit Glockenklängen auch heute noch Zeit eingeteilt wird.

Die größte der vorhandenen Glocken schlägt regulär den Stundenschlag.
Jeden Freitagnachmittag um drei Uhr schlägt sie ihn allerdings in religiösem Kontext, zur "Todesstunde Jesu".
Damit ist diese Glocke ein wichtiger Teil jener Läutesignale,
die den Wochenrhythmus in profaner und religiöser Hinsicht strukturieren.
Die größte Glocke wird auch für jenes Läuten benutzt,
das dem „Zusammenläuten“ festtäglicher Gottesdienste vorausgeht,
eine Viertelstunde vor Beginn der religiösen Feier.
Mit der zweitgrößten Glocke wird zu den alltäglichen Gebeten gerufen;
das Gebetsläuten erklingt jeweils morgens, mittags und abends.
Außerdem ertönt sie bei einem katholischen Gottesdienst mit Eucharistiefeier
zur rituellen „Wandlung“ von Brot und Wein zu Fleisch und Blut Christi.
Das samstägliche Einläuten des Sonntags erfolgt
mit einem Vielklang der Glocken eins, zwei und drei.
Kommt dazu noch die vierte Glocke,
ist dies das Läutesignal für das „Zusammenläuten“
unmittelbar vor dem Beginn von Gottesdiensten an Sonn- und Festtagen.
Auch Taufen und Hochzeiten als familiäre Feste,
an denen ein heiliges Sakrament gespendet wird,
werden mit „Zusammenläuten“ begleitet.
Die dritte Glocke und fünfte Glocke läuten nicht alleine, die vierte aber schon:
Als Sterbeglocke läutet sie, wenn der Pfarrei die Nachricht
vom Tod eines Gemeindemitglieds überbracht wird.
Zusammen mit den anderen Glocken - außer der ersten -
läutet die Sterbeglocke bei Überführung und Beerdigung.
Das „Letzte Geleit“ ist der einzige Anlass,
bei dem das gesamte Läutwerk zum Einsatz kommt.
Dieses Geläut begleitete die Trauergemeinde
nach dem Requiem von der Kirche zum Friedhof.
Einst wurde der Sarg bei diesem Zug mitgetragen,
heute steht er regulär schon in der Leichenhalle
am Friedhof bereit für die Beerdigungszeremonie.
Kirchturmuhren sind heute in der Regel funkgesteuert. Jahrhundertelang waren sie mechanisch und blieben oft bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ohne nachgerüsteten elektrischen Antrieb.

Das Kirchenmuseum Kößlarn im Landkreis Passau besitzt so ein historisches Turmuhrwerk.
Es ist voll funktionsfähig - ohne Elektrifizierung - und wurde 1909 hergestellt von der Turmuhrenfabrik Ed[uard]. Strobl in Regensburg (gegründet 1900).

Das Schaubild stellt schematisch die Uhr mit Geläut im Kößlarner Kirchturm dar, wie sie einst dort installiert war.

Nach 30 Stunden Laufzeit mussten im früheren Betrieb die Gewichtseimer wieder hochgezogen werden, durch Muskelkraft. Das Hochziehen wird im Kirchenmuseum Kößlarn nur im für Schauzwecke notwendigen Maß ausgeführt. Das Kößlarner Uhrwerk hat für das Hinaufziehen eine Kraft übersetzende Kurbel als Hilfsmittel. Das Aufziehen mechanischer Kirchturmuhren wurde im Lauf der Zeit immer mehr durch Elektroantrieb ersetzt.
(2) Viertelstundenschlagwerk
Es schlägt über Zugdraht und Hammerzugwinkel die kleinere der zwei Glocken im Glockenstuhl und löst nach vier Viertelstundenschlägen das Stundenschlagwerk aus.
(3) Stundenschlagwerk
Mit der gleichen Übertragung über Zugdraht wird die größere Glocke im Geläut geschlagen.
(3a) Zähl-(Schloss-)scheibe: Damit wird die Anzahl der Stundenschläge von 1 bis 12 reguliert.
(4) und (5) Windflügel
Sie sind an den Schlagwerken angebracht und rotieren schnell, wenn diese in Betrieb sind; dadurch gewährleisten sie die konstante Geschwindigkeit der Schlagabfolge.